Von der „Fachfrau“ zur „Managerin“: Qualifizierung und Zertifizierung im Projektmanagement

Anfang des Jahres 2020 entschied ich mich für eine – weitere - Qualifizierung im Projektmanagement bei der Zertifizierungsstelle der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), der PM-ZERT. Die Höherzertifizierung von Level D auf Level C sollte es sein. - Was verbirgt sich dahinter? Ein vierstufiges System von Level D bis A. Bei Level D geht es vorwiegend um den Nachweis von Wissen und bei Level C („Die Führungskraft im Projektmanagement“) um den Nachweis von Wissen und Können auf dem Gebiet des Projektmanagements. Level B und A adressieren dann Projektleiter*innen im (hoch-) komplexen Umfeld.

 

Der Ablauf des Verfahrens

 

Da ich berufsbedingt langfristig planen muss, begann ich bereits im April 2020 mit der Recherche der Prüfungstermine bei der PM-ZERT für 2021. Es folgte die Recherche der Anbieter von Vorbereitungslehrgängen und die Klärung der Finanzierung (Eigenmittel und Fördermittel). Nach der Bewilligung der Fördermittel buchte ich den Vorbereitungskurs.

 

Parallel dazu startete ich den Zertifizierungsprozess:

  1. Erstellen und Hochladen der Antragsunterlagen ins Portal von PM-ZERT
  2. Zulassung zum Zertifizierungsverfahren durch PM-ZERT
  3. Erstellen und Hochladen des Reports
  4. Zulassung zur Prüfung durch PM-ZERT
  5. persönliche Prüfungsvorbereitung
  6. schriftliche Prüfung und Interview.

Was sich kurz und prägnant liest, war ein – wie ich finde – komplizierter Prozess. In meinem Fall erschwerte ein „Antrag auf Verlängerung des Betrachtungszeitraums“ meiner Tätigkeit als Projektleiterin die Angelegenheit. Außerdem verwirrten mich ähnlich klingende Begriffe: Die „Executive Summary Reports“ erwiesen sich als etwas völlig anderes als der „Report“. Das Erstellen der Antragsunterlagen war aufwändig (Ich benötigte ca. 20-30 Stunden.): Unter anderem fertigte ich Projektsteckbriefe für acht Projekte an. Hinzu kamen drei sogenannte „Executive Summary Reports“ (Nachweise meiner Erfahrung bei der Leitung von Projekten in Textform) mit einem Umfang zwischen zwei und vier A4-Seiten. - Einen Mehrwert für mich persönlich konnte ich dabei nicht erkennen. Es war reine Fleißarbeit. Doch auf dieser Basis entscheiden die Assessoren von PM-ZERT über die Zulassung zum Verfahren.

 

Zwischen Zulassung zum Zertifizierungsverfahren und Abgabe des Reports lagen nur 9 Kalendertage! Zum Zeitpunkt der Zulassung hatte ich daher meinen Report bereits fertiggestellt, war also in Vorleistung gegangen – ein Aufwand, der sich glücklicherweise lohnte.

 

Nachdem ich alle Auflagen der Assessoren erfüllt hatte, erhielt ich die Prüfungszulassung. Ich hatte mich für den Prüfungsort Hamburg angemeldet. Die Pandemie verschob Hamburg von der Elbe ins Internet, d.h. es wurde eine Online-Prüfung. Der „Leitfaden für alle Online-Prüfungen“ ließ mich zusammenzucken: Die Prüfung gilt als nicht bestanden, wenn „Sie während der Prüfung die Internetverbindung verlieren“. Da das in einem Privat-Haushalt mit mehreren Menschen im Home Office durchaus passieren kann, mietete ich mich vorsichtshalber bei einem langjährigen Geschäftspartner mit stabiler Internetverbindung ein.

 

Am Prüfungstag im März 2021 geschah das Unerwartete: Einer der beiden Assessoren hatte technische Probleme, sodass die schriftliche Prüfung mit ca. 40 Minuten Verspätung begann – viel Zeit, um nervös zu werden. Zuvor mussten sich alle Teilnehmenden ausweisen, d.h. in MS-Teams der Assessorin den „Perso“ in die Webcam halten, danach im GoToMeeting-Raum mit der Webcam über den Arbeitsplatz schwenken, um zu zeigen, dass sich dort keine Hilfsmittel befinden. Während der gesamten schriftlichen Prüfung - in einem dritten System - blieb die Webcam angeschaltet und wir Teilnehmenden standen unter Beobachtung der Assessoren.

 

Die schriftliche Prüfung (Dauer: 2 Stunden) lief für mich sehr gut. Es gab nur wenige Fragen, die ich nach dem ersten Lesen überblättert habe. Die Zeit war ausreichend bemessen, sodass ich mich zum Schluss auch noch den zuvor überblätterten Fragen widmen konnte.

 

Nach der schriftlichen Prüfung gaben die Assessoren bekannt, wer wann zum Interview erscheinen soll. Ich war ab 15:00 Uhr dran. Für diesen Zweck hatte ich eine sehr schöne PowerPoint-Präsentation mit vielen Abbildungen und Fotos und wenig Text vorbereitet und mich auf die drei Themen laut „Leitfaden für die Zertifikanten Level C“ konzentriert. Diese Präsentation benötigte ich nicht! Die Prüfer stellten Fragen, die sich aus dem Report ergeben hatten. Nach 45 Minuten hochkonzentrierten Antwortens im Interview (Ich glühte!) teilte mir die Assessorin mit, dass bei ihr jetzt die grüne Ampel aufleuchtet!

 

Persönlicher Aufwand

 

Für das Erstellen des Reports hatte ich 40 Stunden Aufwand geplant, was zu wenig war. Ich brauchte ca. 60 Stunden. Hinzu kamen Zeiten für die Kommunikation mit PM-ZERT und Zeiten für das Erstellen zusätzlicher Dokumente für die Assessoren (Nachforderungen), für den Besuch des Vorbereitungskurses und die individuelle Prüfungsvorbereitung. Alles in allem handelte es sich in meinem Fall um einen Aufwand von ca. 130 Stunden, der in einem Zeitfenster von 3 Monaten (zwischen Dezember und März) anfiel.

 

Persönlicher Nutzen

 

Der größte Nutzen war mit dem Besuch des Vorbereitungslehrganges und der Erstellung des Reports verbunden:

  1. Für die Zertifizierung ist ein Vorbereitungslehrgang nicht vorgeschrieben, aber empfehlenswert. Mein Lehrgang bei RKWCampus in Dresden dauerte 4 Tage (2 Tage zur Wissensvermittlung, 2 Tage für Fragen zum Report und Prüfungsvorbereitung). Ich hatte Glück und kam (Wegen Corona?) in den Genuss eines Einzelcoachings. Mein größter Wissenszuwachs aus diesem Lehrgang betraf Projektmanagement als Führungsaufgabe und agile Projektmanagementansätze. Außerdem konnte ich die „weichen“ Aspekte der Projektarbeit (also persönliche Kommunikation, Teamarbeit etc.) vertiefen. - Der Lehrgang war ein echter Gewinn für mich!
  2. Der Report: Anhand einer vorgegebenen Gliederung schrieb ich eine ca. 25 A4 Seiten umfassende Arbeit. Darin bewertete ich meine Projektleitungstätigkeit anhand eines der Projekte, über die ich bereits „Executive Summary Reports“ geschrieben hatte. Für jeden Gliederungspunkt (z.B. „Arbeitspakete definieren“, „Durch Zuhören, Verständnis, Unterstützung und Empathie zeigen“) bewertete ich die Herausforderungen im Projekt, meinen persönlichen Umgang damit und das erreichte Ergebnis. Die Arbeit war somit eine einzige Selbstreflexion und lieferte mir durchaus überraschende Erkenntnisse über mich selbst!

Last but not least darf ich mich mit einem neuen, klangvollen Zertifikatstitel schmücken: Aus „Zertifizierte Projektmanagement-Fachfrau“ wurde „Certified Project Manager“.